Bei der Informationsveranstaltung zum geplanten Windpark im Schönbronner Holz gibt es keine Powerpoint-Vorträge mit anschließender Publikumsdiskussion. An verschiedenen Tischen erteilen Experten rund 50 Besuchern Auskunft über Beteiligungen, Technik, Baumaßnahmen und Genehmigungsverfahren zu den vorgesehenen vier Anlagen auf Bühlerzeller Gemarkung.
Themeninseln, nannte unser innovativer Bürgermeister in Gaildorf 2017 diese Methode, eine 'Bürgerversammlung' so zu zerklopfen, das kein Staub mehr aufgewirbelt werden konnte. In Gaildorf gab man damals als Grund an, man könne so besser auf die Fragen der Bürger eingehen. Der Sinn einer 'Bürgerversammlung' oder 'Informationsversammlung' kann mit solchen 'Themeninseln' noch wirkungsvoller zerstört werden, als mit den s.g. 'moderierten Diskussionen', die in Gaildorf in den Vorjahren bzgl. einem angeblichen 'Naturstromspeicher' sehr beliebt waren. Die Besucher haben schlicht nichts mehr erfahren, auch keine Fragen stellen können. Die Bürger konnten schon fragen. Nur haben die zu wichtigen Fragen in Gaildorf nie Antworten erhalten. Doch nun zum Schönbronner Holz:
Energie
Die Schwarzstorchsuche geht weiter
Bei der Info-Veranstaltung zum im Schönbronner Holz geplanten Windpark können Bürger ihre Fragen und Anregungen schriftlich einreichen. Friedhelm Wolff vom Ingenieurbüro Blaser (Zweiter von links) beantwortet Fragen zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Bühlerzell / 30.01.2019
Diesmal läuft es anders als üblich: Bei der Informationsveranstaltung zum geplanten Windpark im Schönbronner Holz gibt es keine Powerpoint-Vorträge mit anschließender Publikumsdiskussion. An verschiedenen Tischen erteilen Experten rund 50 Besuchern Auskunft über Beteiligungen, Technik, Baumaßnahmen und Genehmigungsverfahren zu den vorgesehenen vier Anlagen auf Bühlerzeller Gemarkung.
Man habe die Erfahrung gemacht, dass sonst wenig zielführende Themen, wie etwa Infraschall, „zu stark gewichtet“ würden, sagt Harald Endreß. Der Geschäftsführer der Zeag-Tochter Erneuerbare Energien GmbH möchte den Fokus lieber auf das Finanzierungsmodell richten. An der Wertschöpfung aus den Anlagen beteiligt wären – im Falle ihrer Genehmigung –, neben dem Heilbronner Energieversorger, der über Tochtergesellschaften zu 98 Prozent der ENBW gehört, eine Bürgergenossenschaft sowie die Gemeinde.
Die Zeag trägt das Risiko
38 Windkraftanlagen betreibt die Zeag auf dieser Grundlage bereits in der Region Heilbronn-Franken. Fünf Landratsämter hätten die Verträge als sehr kommunalfreundlich bezeichnet, betont Endreß. Die in einer Energiegenossenschaft organisierten Bürger, Vereine und Unternehmen könnten während der Betriebslaufzeit insgesamt bis zu 74,9 Prozent Anteile erwerben und jederzeit an die Zeag zurückverkaufen. Die Zeag strecke das Geld vor und trage das ganze Risiko. In dieser Form biete das kein anderer Projektträger an. 13,5 Prozent Rendite auf das eingesetzte Kapital werden den Interessenten bei der Veranstaltung im Dorfgemeinschaftshaus Geifertshofen in Aussicht gestellt.
2017 kippte der streng geschützte Schwarzstorch ein Windparkprojekt am rund fünf Kilometer Luftlinie vom Schönbronner Holz entfernten Standort Adelmannsfelden. Ob die Rotoren bei Bühlerzell errichtet werden dürfen, ist ungewiss. Ein vom Gemeindeverwaltungsverband Oberes Bühlertal beauftragtes Gutachten des Oberroter Naturschutz- und Landschaftsplanungsbüros Gekoplan bezeichnete das Vorhaben 2018 wegen des Schwarzstorchs als problematisch. Die Untere Naturschutzbehörde im Haller Landratsamt, die die ausführliche Untersuchung eingefordert hatte, ließ verlauten, der Betrieb von Windkraftanlagen im Bereich der Potenzialfläche Schönbronner Holz führe zum Verstoß gegen das Naturschutzgesetz. Jetzt soll das Esslinger Ingenieurbüro Blaser gemeinsam mit dem Brandenburger Schwarzstorch-Experten Jens Kießling die Lage erneut sondieren, diesmal im Auftrag der Zeag.
Friedhelm Wolff wird auf der Infoveranstaltung von Besuchern belagert. Viele wollen wissen, welchen Sinn das zweite Gutachten habe. Ab drei Windkraftanlagen gelte eine einfache Vorprüfungspflicht, um festzustellen, ob eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hinsichtlich Arten-, Landschafts- und Umweltschutz durchgeführt werden müsse, erklärt der Sachverständige vom Büro Blaser. Die Zeag habe sich nun freiwillig direkt für letztere Maßnahme entschieden. Dass diese die Veröffentlichung der Ergebnisse und die Stellungnahme der Bürger beinhalte, diene der Transparenz des Verfahrens. „Ich helfe Ihnen, indem ich ein ehrliches Gutachten schreibe“, verspricht Wolff den Kritikern.
Ein 2016 im Planungsgebiet abgegangener Schwarzstorch-Horst sei zwar ein wichtiges Argument. Nach dem Regelwerk der Landesanstalt für Umweltmessung und Naturschutz müssten jedoch regelmäßig frequentierte Flugkorridore festgestellt werden. Ausschlaggebend seien die Fragen „Wo ist die Brut?“ und „Wo sind die Nahrungsgebiete?“. Ebenso sei ihm bewusst, dass Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung für den Roten Milan trage. Für den ortsansässigen 83 Jahre alten Landwirt Ulf Maisch ist das Vorkommen des Schwarzstorches im Schönbronner Holz keine Frage.
„Störche sind eingekreist“
Seit vielen Jahren sehe er die Vögel über den Himmel ziehen. Mittlerweile seien sie von den Windparks Kammerstatt, Bühlertann, Hummelsweiler, Rosenberg-Süd und entlang der Kohlenstraße nahezu eingekreist.
Info Am 6. Februar soll ein Gespräch über das Projekt und den Rahmen der UVP im Haller Landratsamt stattfinden. Daran will auch Martin Zorzi vom kreisweit tätigen Umweltzentrum teilnehmen.Strom für 13 200 Haushalte
241 Meter vom Boden bis zur senkrecht stehenden Blattspitze sollen die vier Rotoren im Schönbronner Holz messen und damit elf Meter mehr als die beiden umstrittenen ENBW-Anlagen Rosenberg Süd. Da die Vergütungssätze von acht bis neun auf fünf bis sechs Cent je Kilowattstunde gesunken seien, habe man auf Grund der in den letzten Jahren gesammelten Erfahrungen nun leistungsfähigere Anlagen entwickelt, erläutert Projektentwickler Markus Meyle. Vorgesehen seien durchgehende Stahlrohrtürme. Diese seien leichter als die herkömmlichen Betonhybridtürme. Eine verbesserte Strömungstechnik und Rotorblätter mit 150 Meter Durchmesser sorgten für eine Nennleistung von 4,2 MW und eine jährliche Ertragsprognose von 10,1 Millionen kWh pro Anlage. Damit könnten die vier Türme pro Jahr 13 200 Haushalte versorgen und dabei 48 000 Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Zum Vergleich: Die ENBW-Anlagen Rosenberg Süd sind mit einer Nennleistung von 3,3 MW verzeichnet.
Quellen & Hinweise:
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